Die Großglockner-Hochalpenstraße ist eine Passstraße und neben dem Schloss Schönbrunn eines der bedeutendsten touristischen Wahrzeichen Österreichs. Die beeindruckende Kulisse dieser alpinen Panoramaroute verbindet die Kunst des Gebirgsstraßenbaus mit einem einzigartigen Natur- und Landschaftserlebnis und verläuft mitten im Herzen des seit 1992 geschützten Nationalparks Hohe Tauern, einem der größten Naturschutzgebiete Mitteleuropas.

Die 1935 fertiggestellte Alpenstraße erschloss Österreichs höchsten Berg, den Großglockner (3.798 m), und den längsten Gletscher der Ostalpen, die Pasterze. Mit einer Höhe von 2.504 Metern am Hochtor ist sie die höchstgelegene befestigte Bergstraße Österreichs. Die insgesamt 48 Kilometer lange Straße hat eine durchgehende Breite von 7,5 Metern, 36 Haarnadelkurven und zwei Nebenstraßen zu spektakulären Aussichtspunkten.
Warum wurde die Großglockner Hochalpenstraße gebaut?
Die ab 1924 geplante und zwischen 1930 und 1935 gebaute Straße war der Prototyp der landschaftlich reizvollen Routen in Europa. Geplant und umgesetzt als Mautstraße in unberührter Alpenlandschaft mit dem Ziel, dem Besucher ein spektakuläres Erlebnis zu bieten, behält die Straße weiterhin ihre ursprüngliche Funktion als autarke Touristenattraktion: 800.000 bis 1.000.000 Touristen aus aller Welt besuchen jedes Jahr die Großglockner-Hochalpenstraße. Touristen erleben die Landschaft der Hohen Tauern, die Kaiser-Franz-Josefs-Höhe, den Blick auf den Gletscher auf 2.369 Metern Seehöhe und den 360°-Panoramablick auf die Edelweißspitze. Seit ihrer Eröffnung vor 80 Jahren zählt die Hochalpenstraße stets zu den Top Ten der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Österreichs.
Diese visuelle Schule der Natur wurde vom Bauingenieur Franz Wallack (1887-1966) bewusst im Einklang mit der hochalpinen Landschaft, der felsigen Umgebung und den Wiesen geplant. Wallack wurde auch mit der Durchführung der Arbeiten beauftragt. Das Ergebnis war ein homogenes landschaftliches Besuchererlebnis, das harmonisch in ein durchgeplantes Tourismuskonzept mit Restaurants, Gasthöfen, Hotels, Aussichtspunkten, Informationstafeln, Lehrpfaden, einem Alpennaturschauhaus und Ausstellungen integriert wurde, alles in einer stimmigen ästhetischen Architektursprache konzipiert.
Mit der Eröffnung des Kärntner Nationalparks Hohe Tauern im Jahr 1981 wurde die Hauptfunktion der Großglockner-Hochalpenstraße gestärkt und erneuert: die Erschließung einer hochalpinen Region für den motorisierten Verkehr und die Verknüpfung mit einem außergewöhnlichen Naturerlebnis.
Beim Bau der Großglockner-Hochalpenstraße lag das Hauptaugenmerk darauf, die Erreichbarkeit und Nutzbarkeit der Straße für den motorisierten Verkehr in diesem Teil der Alpen zu verbessern und eine zusätzliche Nord-Süd-Verbindung anzubieten. Die für diese Straße gewählte Route gilt noch immer als eine der am besten zugänglichen im Alpenraum. Die Straße wurde im August 1935 nach 26 Monaten Bauzeit eingeweiht. Bauarbeiten fanden nur in den schneefreien Monaten statt: 870.000 Kubikmeter Erde und Fels wurden bewegt, 115.750 Kubikmeter Mauerwerk erstellt und 67 Brücken gebaut.

Nach dem 2. Weltkrieg
In der Zwischenkriegszeit wurde diese hochmoderne Straße sofort zum Vorbild für andere Straßen, die im Alpenraum gebaut wurden. Wallack setzte hier erstmals eine ganzheitliche Planung um, die alle Aspekte des Straßenbaus und -managements abdeckt: Materialien, Bauwerke, Gebäude, Wegweiser und Werbung wie Plakatwände sowie eine schlüssige Corporate Identity. Wallacks Gesamtkonzept konzentrierte sich auf den künftigen motorisierten Verkehr, im Gegensatz zu den damals für Pferdefuhrwerke konzipierten traditionellen Kutschenstraßen in den Alpen. Bereits zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung galt die Straße als nationale Attraktion. Grundlage dafür waren die Relevanz für die österreichische Geschichte sowie die Baumaterialien und Details wie die Verwendung von Natursteinen für Böschungen und Grenzmarkierungen. Die Bedeutung wurde durch kontinuierliche Weiterentwicklung und Anpassung verstärkt, So zum Beispiel der Wallack-Schneepflug, der in der Nachkriegszeit für die Großglockner-Hochalpenstraße konstruiert wurde und noch heute im Einsatz ist. Diese Werte zeichnen den Ort aus und sind bis heute gut erhalten, was bereits im Jahr 2015 anerkannt wurde, als die Straße in die Liste der österreichischen Nationaldenkmäler aufgenommen wurde.
Für den Bau, die Nutzung und den Unterhalt der Straße wurde damals eine öffentliche Gesellschaft, die Großglockner Hochalpenstraßen Aktiengesellschaft (GROHAG), gegründet, die bis heute die alleinige Verantwortung für die Straße trägt und deren langfristige Bewirtschaftung gewährleistet. Die GROHAG hat sich als nachhaltiger Straßenbauer und -verwalter erwiesen. Dies zeigt sich nicht nur in der Verwendung traditioneller Bauweisen, wie sie der Planer Franz Wallack formulierte, sondern auch darin, dass die GROHAG bei der Nutzung und Erhaltung der Straße profitabel ist.

Ein weiterer Schwerpunkt und Beweggrund dieses sozioökonomischen Großprojekts im Kontext Österreichs der Zwischenkriegszeit war die Schaffung von Arbeitsplätzen in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit, der Weltwirtschaftskrise und dem anschließenden Zusammenbruch des Bankensystems. Für die Bauarbeiten an der Straße waren 3.200 Arbeiter in 1,8 Millionen Schichten zuständig. Der im Alpenraum einzigartige historische Kontext mit der mobilisierten Arbeitskraft und die damit verbundene Planung und das im Auftrag des österreichischen Staates eingegangene finanzielle Risiko machen die Straße zu einem einzigartigen Denkmal der österreichischen Geschichte. Die Straße war eines der großen Repräsentationsprojekte der Ersten Republik und ein Symbol für den wirtschaftlichen Überlebenswillen des Landes.
Als Muster- und Prestigeprojekt der damals jungen Republik Österreich wurde die Großglockner-Hochalpenstraße als Herzstück der Weltausstellungen 1935 in Brüssel und 1937 in Paris ausgewählt. Bei der Weltausstellung in Mailand 2015 wurde die Straße zusammen mit dem Nationalpark Hohe Tauern erneut zum Kernstück der österreichischen Darstellung mit dem Thema Nachhaltigkeit und Luftqualität gewählt und verdeutlichte so ihre einzigartige Rolle als Denkmal.
Der Bau der Großglockner-Hochalpenstraße ist untrennbar mit dem Namen Franz Wallack verbunden. Der zu Beginn dieses Projekts noch junge Ingenieur war hochmotiviert, als er den Auftrag zur Planung und zum Bau einer Panoramastraße annahm. 1925 studierte, bereiste und verglich er mehr als 43 Alpenstraßen, bevor er mit dem ehrgeizigen Projekt begann: Die „schönste Straße der Alpen“ zu bauen, wobei die Natur und ihre Umwelt im Mittelpunkt standen.
Im Gegensatz zu vielen anderen Hochgebirgsstraßen, die einfach als die schnellsten, einfachsten oder pragmatischsten Übergänge von Norden nach Süden gelten können, wurde die Großglockner-Hochalpenstraße so geplant, dass sie ein nachhaltiges und beeindruckendes Fahr- und Beobachtungserlebnis bietet. Die Entscheidung für den „langen Weg“ über ein Hochplateau wurde bewusst getroffen. Auf diese Weise bot das Erlebnis möglichst viele Ausblicke auf die umliegenden Berggipfel und Täler. Jede Haarnadelkurve eröffnet einen neuen Ausblick, der prominenteste ist das Fuscher Törl (2428 m), das Parkplätze und ein Denkmal zur Erinnerung an die Arbeiter bietet, die während des Baus ihr Leben verloren haben. Anders als andere Passstraßen mündet die Hochalpenstraße nicht in einem Pass, sondern mit zwei Nebenstraßen, die zwei sich ergänzende, spektakuläre visuelle Erlebnisse bieten: Der 360°-Rundblick auf die Edelweißspitze und das Gletschererlebnis mit dem Großglocknerblick auf der Kaiser Franz Josefs Höhe. Die stimmige ästhetische Architektursprache unterstreicht harmonisch die Umgebung, insbesondere in der Bautechnik an der Edelweißspitze oder den Parkplätzen und Hotelanlagen.
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